Alles begann mit einer Nachricht. Eine einfache Nachricht, die mein Leben nachhaltig beeinflussen und prägen sollte. Nachrichten können Leben verändern – und so tat es auch diese.

Es war so schön, ich konnte mein Glück kaum fassen. Doch schon bald sollte dieses vermeintliche Glück zu einem Albtraum werden. Eine Achterbahnfahrt des Grauens, getarnt in Schein und Trug. Eingehüllt in Manipulation, aufgebaut auf Lügen. Ein Konstrukt, dessen Fassade glänzend war – das Innere jedoch marode und abrissreif. Doch kaum jemand schaffte es bis zum Innenhof – zu sehr strahlte und blendete die Außenmauer.

Für andere schien es perfekt, doch sobald die Tür hinter dem letzten Gast ins Schloss fiel, bröckelte die Fassade und die Höllentore öffneten sich. Hinter geschlossener Tür lebte ich mit einem anderen Menschen zusammen. Jemandem, mit dem man alles andere als gerne alleine war.

Es dauerte, bis ich die maroden, baufälligen Teile, die immer wieder und immer häufiger zum Vorschein kamen, verstehen und zusammensetzen konnte. Ich gab doch immer alles und bemühte mich so sehr. War ich denn nicht gut?

Die fallende Fassade bröckelte auf mich nieder und beschädigte existenzielle Teile meiner Selbst. Immer wieder, immer mehr. Die Brocken, unter denen ich begraben wurde, wurden größer – und schwerer. Sein wahres Ich kam immer weiter zum Vorschein, während meines immer weiter in sich zusammen fiel. Erst waren es nur kleine Risse, leise Zweifel. Doch umso mehr Zeit verging, desto mehr verblasste auch meine Persönlichkeit. Worte versiegten, Farben grauten aus. Ich verblasste und wurde zum Schatten meiner Selbst, bis kaum mehr etwas von mir übrig war. Die Stücke, die er mir nahm, werteten seine Fassade wieder auf.

Er stand da, erhobenen Hauptes wie der König höchstselbst – wissentlich, was genau sein Einfluss für mich bedeutete. Ich war wie eine Fliege, die in seinem Netz aus Lügen und Intrigen gefangen war und irgendwann nur noch darauf wartete, endgültig verspeist zu werden. Immer weiter verfangen in den Fäden, die mir das Leben aus dem Körper zu ziehen schienen. Seine Anwesenheit wie Gift, das durch meine Adern floss. Selbst wenn er nicht zugegen war, spürte ich seine Klauen um meinen Hals.

Jeder Schritt, den ich tat, hätte das Ende bedeuten können. Seine Augen und Ohren waren überall, die riesigen Klauen lauerten an jeder Ecke, nur darauf wartend, dass ich den nächsten Fehler machte und sie zuschnappen konnten. Die Auswirkungen seines Kontrollzwangs waren grausam, wie ich immer wieder zu spüren bekam. Physisch. Psychisch. Seelisch. Er hat mir alles genommen. Hat mich an mir zweifeln lassen, meine Prinzipien zunichte gemacht und mich in jeglicher Hinsicht leiden lassen. Ich habe gekämpft, habe mich gewehrt, habe Wort gegen ihn erhoben.

Doch das Einzige, was mir dieser Widerstand gebracht hat, waren weitere Verletzungen. Innerlich. Äußerlich. Er kannte meinen Schwachpunkt und hat ihn gnadenlos ausgenutzt. Immer weiter auf mich eingeprügelt, bis mein Wille gebrochen war. Von Liebe war keine Spur mehr. Ich empfand Ekel, Abscheu und Hass. Aber allem voran, war da die Angst. Schiere Angst, die mich gelähmt hat. Dass es noch schlimmer würde, sollte ich Konsequenzen ergreifen. Dass der wahre Albtraum dann erst beginnen würde. Dass mir das Letzte, was mir noch blieb, und zeitgleich das Teuerste, was ich besaß, genommen werden würde.

Die Drohungen und Erlebtes taten den Rest. Also blieb ich. Ertrug, was auch immer er mir antat. Was er den Menschen, die ich liebte, antat. Doch ich tat es nicht ohne mich zu widersetzen.

Es war kaum noch jemand da. Erfolgreich hatte er es geschafft, mich aus meinem sozialen Umfeld zu isolieren und so zu drehen, dass man sich von mir abwandte. Nach Monaten der Lügen schenkte mir niemand mehr Glauben.

Ich war allein.

Gefangen von einem Monster, das mein Leben in nur wenigen Monaten in einen einzigen Albtraum verwandelt hatte. Niemand würde mich retten kommen. Niemand würde diese Grausamkeiten beenden.

Niemand – außer mir selbst.

Gebrandmarkt von Monaten der seelischen und körperlichen Gewalt, Ausbeutung und Manipulation. Ausgelaugt und am Ende meiner Kräfte, nicht mehr als ein fragiles Wrack. Er hatte die schlechteste Seite in mir zum Vorschein gebracht. Mich zu Dingen gezwungen, die ich nie für möglich gehalten hatte. Mich auf perfide Art und Weise gefügig gemacht – als Untergebene, nicht Gleichberechtigte.

Also stellte ich mir eine Frage: Will ich das wirklich bis an mein Lebensende? Mit einem Mann verheiratet sein, für den die Ehe nur Mittel zum Zweck ist? Ein Kind unter meinem Herzen tragen, welches einer Vergewaltigung entstammt? Ein Leben leben, welches keines ist und von einem fragmentierten Psychopathen kontrolliert wird? In dem ich jeden meiner Schritte zehn Mal überdenken muss, da er sonst Gewalt zur Folge hat? In ständiger Angst vor dem nächsten Schlag?

Mit letzter Kraft holte ich zum allerletzten Schlag aus. Und traf. Eine Welt des Scheins brach in sich zusammen und zum ersten Mal sah ich ihn als genau den Menschen, der er war. Der er immer gewesen ist, es aber gut zu verstecken gewusst hatte. Er hatte alle getäuscht – mich eingeschlossen.

Es war vorbei. Doch die Angst blieb. Lange Zeit konnte ich nicht schlafen, hatte Verfolgungswahn, bangte um mein Leben und das meiner Liebsten, ich war umgezogen. Fast fünf Jahre sind seitdem vergangen und noch heute überkommt mich manchmal die Angst. Es wird besser, doch die Erinnerungen bleiben. Dinge, die nicht ungeschehen gemacht werden können. Bilder, die auch mit der Zeit nicht verblassen.

Es ist nicht leicht, aber es ist auch nicht unmöglich.

Es war vorbei. Ich bin frei. Ich atme. Ich lebe.

Es ist vorbei.