Manchmal, wenn es um mich herum immer leiser wird, wird es in mir drinnen immer lauter. Ruhe schafft Platz. Platz für Gedanken, Zeit zum Nachdenken. Stille – ein Wort, dessen Bedeutung mein Kopf aus seinem Inventar gestrichen hat. Denn wirklich still ist es in mir nie.

Manchmal kann ich es spüren, wie es näher kommt. Ein aufziehendes Gewitter, mit dunklen, bedrohlichen Wolken, aus denen schon bald Donnergrollen erklingen und grelle Blitze schnellen würden. Wenn der Sturm aufzieht, fühle ich mich hilflos. Bin nur noch Zuschauer in meinem eigenen Leben, unfähig zu handeln. Lähmung überkommt mich, geballt mit einer erdrückenden Schwere. Einfach die Decke über den Kopf ziehen und alles vergessen – doch so leicht ist es leider nicht. Es verfolgt mich, lauert mir aus den Schatten heraus auf. Wie Wölfe; nur darauf wartend, ihre Beute reißen zu können.

Kann mich nicht bewegen – oder aufstehen. Alles ist so schwer, wenn die Dunkelheit kommt. Sie umhüllt mich wie ein zu großer Mantel – macht die Welt um mich herum farblos. Ich nehme kaum noch war, was um mich geschieht, Worte verlieren ihre Bedeutung und erreichen mich nicht mehr. Gefühle sind abgestellt.

Nichts als einer dumpfen Leere. Ein großes Loch, indem alles verschwand, was das Leben einst lebenswert machte. Jede Anstrengung ist zu viel – selbst einfaches Sitzen oder Atmen. Die Zeit scheint still zu stehen, und dennoch zieht sie nur so an einem vorbei. Das tägliche Aufstehen ein Kampf – ich will doch nur schlafen, einfach schlafen. Die Augen zu machen und vergessen. Das alles abstellen, mich selbst nicht ertragen müssen. In mir ist es laut, so laut. Die Dämonen – sie schreien. Ohrenbetäubend, vergiften meine Gedanken bis auch diese schwarz sind. Alles schwarz, eine einzige breiige Masse.

Und ich mittendrin. Kann nicht mehr unterscheiden zwischen Albträumen und Realität – zu viele Überschneidungen, zu viel Verwirrung. Ich fühle mich so verloren, hilflos. Bin verzweifelt – schreie um Hilfe. Markerschütternde Schreie – doch niemand kann sie hören. Meine Kräfte verlassen mich, wie ein Gespenst ziehe ich durch den Tag. Ich bin nur müde, danke. Selbst ein Lächeln kostet mich Kraft – zu viel Kraft. Kraft, die ich schon so lange nicht mehr habe.

Trotzdem mache ich weiter – Tag ein, Tag aus. Wenn ich Zeit für mich habe, weiß ich nicht mehr, was mir überhaupt Spaß macht und weiß nichts mit mir anzufangen. Wozu auch? Ich sitze einfach nur da. Atme ein, atme aus. Minuten, Stunden. Ich starre in die Leere, bis sie in mich zurück starrt. Ein schwarzes Nichts hinterlassend, welches immer größer zu werden scheint. Es wächst und wächst – mit jeder Minute, mit jedem Tag.

Bis irgendwann nichts mehr von mir übrig ist und es mich ganz verschlungen hat. Bis nichts mehr bleibt, außer dem Wunsch, das alles zu beenden. Es aufhören zu lassen. Zu schlafen, bis alles vorbei ist.

Die Kapsel um mich herum scheint enger zu werden – langsam, aber kontinuierlich. Abgeschnitten von der Außenwelt vegetiere ich vor mich hin – nehme weder Zeit noch Raum wahr. Lenke mich ab mit Banalitäten, die nichts mehr bedeuten. Nichts bedeutet noch irgendwas. Alles ist kalt, alles ist leer, alles ist gleichgültig.

Wozu mache ich das eigentlich alles noch? Gedanken, wie ferngesteuert, als wären es nicht meine eigenen. Doch das ist egal. Was macht es für einen Unterschied? Sie werden recht haben, wenn sie sagen ich sei nichts wert und kriege nichts auf die Reihe. Wenn ich nicht einmal mir selbst trauen kann, wem sollte ich dann überhaupt noch vertrauen?

Eine Abwärtsspirale, ein Teufelskreis – schon längst in ihm gefangen, ohne es bemerkt zu haben. Ich falle. Immer tiefer, immer weiter. Ein endloser Sturz, gefangen zwischen Leben und Tod. In der Leere schwebend, nicht fähig zu fühlen.

Alles erscheint so weit weg, so surreal. Habe den Bezug zu meinem eigenen Leben verloren. Neben mir stehend wie ein ungebetener Gast bei einer Show, die schon längst vergangen ist. Manchmal wäre es einfacher, sich den Dämonen hinzugeben. Nicht mehr zu kämpfen. Nicht mehr zu sein. Sich diesen Gedanken hinzugeben – sich vergiften lassen. Für einen Moment ist das okay, sich fallen zu lassen in diese falsche Sicherheit, doch darf man nicht erwarten, aufgefangen zu werden. Man darf sich nicht darin verlieren, ich darf mich nicht darin verlieren.

Die Dämonen gewinnen zu lassen – keine Option. Also gebe ich mich den Gedanken hin, lasse raus, was raus muss. Schreie, weine. Und dann fange ich mich selbst auf und ziehe mich zurück ins Leben. Die Dunkelheit vergeht dadurch nicht einfach. Sie bleibt – wie ein Schatten, der einem überall hin folgt.

Wenn ich jedoch entscheide, ihn mitzunehmen, statt mich verfolgen zu lassen, ändern sich die Spielregeln. Vielleicht kann ich die Dunkelheit nicht besiegen, aber ich kann mich jeden Tag dafür entscheiden, nicht zu verlieren.