Dies ist einer dieser Texte, die in zwei Schritten entstanden sind. Angefangen wurde dieser am 18.09., beendet jedoch erst zwei bis drei Wochen später. Ich denke so ziemlich jeder Mensch kommt irgendwann in die Selbstfindungsphase – manche früher, andere später. Für einige ist das eine kurze Zeitspanne, andere brauchen vielleicht ihr ganzes Leben dafür. Doch entscheidend ist nicht, wie viel Zeit wir benötigen, sondern dass wir mit jedem Schritt uns selbst näher kommen.


Was zeichnet dich als Mensch aus? Was macht dich besonders und hebt dich von der Masse ab? Ist es das kleine Grübchen in deiner Wange, wenn du lächelst, dein Haarschnitt, die Tattoos, die du trägst? Oder doch eher dein wärmendes Lachen, mit dem du alle Dunkelheit zu vertreiben scheinen kannst, deine Herzlichkeit, mit der du jeden so offen empfängst, deine Frohnatur? Was ist es, dass die Menschen in dir sehen?

Jeder Mensch ist anders; es gibt gute und schlechte, dicke und dünne, reife und unreife, intelligente und dumme. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Es sind Menschen. Uns macht so viel mehr aus als nur unsere Äußerlichkeiten. Ich möchte nicht danach beurteilt, schubladisiert oder gar abgewertet werden, wie ich aussehe. Aussehen ist vergänglich. Aber das, was ich im Inneren bin, wird bleiben.

Also, wie definiere ich mich? Bin ich nur schön, wenn ich dünn bin? Ich sage nein, denn mein Charakter ändert sich nicht durch mein Körpergewicht. Es ist egal, ob ich 60 Kilo oder 150 Kilo wiege. Bin ich ein guter Mensch, bleibe ich das auch – andersherum genauso.

Auch andere vermeintliche Makel ändern nichts an der Seele, die wir sind. Unbedeutend, ob wir von Narben übersät sind, zu viele Muttermale oder Leberflecke haben, Pigmentstörungen oder andere Äußerlichkeiten. Das hebt uns lediglich von der Masse ab und macht uns individuell. Sie erzählen Geschichten, über die Person, die wir sind.

Aber was uns wirklich ausmacht, kommt von innen. Jeder Mensch ist verschieden – und das ist auch gut so. Wären wir alle gleich und hätten alle dieselben Geschmäcker, würde es schnell sehr eintönig und langweilig werden. Natürlich kann es so wie es ist auch zu mehr Streit und Ungereimtheiten kommen, aber das gehört zum Leben dazu. Wir reifen daran, lernen uns selbst und unser Gegenüber besser kennen und zu verstehen.

Es gibt auch Menschen, die sich nur über ihre Geschichte und ihre Krankheiten definieren. Immer wieder erzählen, wer sie waren, sich aber nicht neu erfinden. Doch Entwicklung ist ein wichtiger Teil des Lebens. Denn wie sonst kann ich sein, wer ich bin, wenn ich lebe, wer ich war?

Es ist natürlich leicht zu sagen »ich bin depressiv«, »ich bin magersüchtig«, »ich bin Borderliner«, und das bei allem vorzuschieben, doch so definiere ich mich mit meiner Krankheit. Aber ich bin nicht die Krankheit. Sie ist ein Teil von mir, ja, aber sie ist nicht das, was mich ausmacht. Ich bin so viel mehr als nur eine Diagnose auf einem Blatt Papier.

Wir stellen uns ja schließlich auch nicht mit »hallo, ich bin Depression, und wer sind Sie?« vor. Genauso wenig, wie wir mit »hallo, ich bin Essstörung, schön Sie kennenzulernen« antworten würden. Das ist jetzt überspitzt gesagt, aber im Prinzip ist genau das der springende Punkt. Wir stellen uns jemandem mit unserem Namen vor und erzählen von Dingen, die wir mögen. Von Dingen, die uns geprägt haben. Von Dingen, die uns ausmachen.

Wir erzählen von unseren Hobbys, wie wir leben, von unseren Träumen, manchmal sogar von unseren Ängsten und Sorgen. Und all das ist es, was uns zu einem Menschen macht. Was unsere Werte sind, wie wir die Welt sehen, was wir schon erlebt haben und wie wir gezeichnet wurden. Wie wir uns entscheiden, Dinge hinzunehmen oder zu ändern. Sie ruhen zu lassen, oder zu hinterfragen. Wie wir mit dem umgehen, was uns widerfahren ist.

Es gibt so viel mehr, was uns zu dem macht, was wir heute sind. Das kann etwas gutes sein, das kann etwas schlechtes sein. Unsere Vergangenheit konnten wir oft nur bedingt beeinflussen, einfach weil es manche Dinge gibt, auf die man keinen Einfluss hat. Aber das Hier und Jetzt und die Zukunft können wir sehr wohl beeinflussen. Wir können selbst entscheiden, wer wir sein wollen und uns neu definieren. Es liegt an uns selbst, wie wir sind und wie wir sein wollen.

Wir können uns aussuchen, von was wir bestimmt werden wollen und über was wir bestimmen. Alles auf unserem Weg hat uns geformt und gewisse Dinge mitgegeben. Uns eine Form verliehen, etwas, was uns von den anderen abhebt.

Wie wir aber diese Form schleifen wollen und ob es mal ein Meisterstück werden soll, liegt allein in unseren Händen. Es gibt genau einen Menschen, der die Macht über unser Leben hat – und das sind wir selbst!