Vorwort: Ich habe lange überlegt und mit mir gerungen, ob ich diesen Text und somit meine schlimmsten Erlebnisse öffentlich machen soll. Drei Jahre schlummerte dieser Text in den Tiefen meiner Datenbanken. Drei Jahre habe ich gebraucht, um meine Geschichte zu erzählen. Jetzt ist der Punkt gekommen, an dem es Zeit ist, laut zu werden. Für mich. Für dich. Für jede*n da draußen, die/der Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt wurde. H – das ist für dich.
Es gab zwischen uns beiden einen entscheidenden Unterschied: Ich habe dich wirklich geliebt und hätte nahezu alles für dich getan, wohingegen du mich nur benutzt hast und ich nicht mehr als eine Puppe für dich war.
Ich war dir treu ergeben und tat alles, was du von mir verlangt hast – ganz gleich ob ich selbst dasselbe wollte, derselben Meinung war oder eben auch nicht. Wenn dem nicht so war hast du mir auf hartem Wege gezeigt, dass deine Meinung auch meine Meinung zu sein hat.
Gegenworte duldetest du nicht – und habe ich mich dennoch getraut, Wort gegen dich zu erheben, erhobst du deine Hand gegen mich. Oder fügtest den Menschen, die ich liebe, Schmerzen zu – um mich leiden zu sehen, mich gefügig zu machen. Du hattest mich in der Hand – wortwörtlich.
Du nahmst mir Dinge, die ich niemals mehr zurück bekommen werde. Hast abscheuliche Dinge getan, die mich in meinen Träumen verfolgen, von denen ich nachts schweißgebadet aufwache und anschließend keinen Schlaf mehr finde. Noch heute überkommen mich Ekel und Abscheu, wenn ich von den Flashbacks in diese Zeit zurück gerissen werde. Noch heute spüre ich dein Gewicht auf mir, unter dem ich zu ersticken drohe und welches mir jegliche Luft zum Atmen nimmt. Noch heute fühle ich mich missbraucht und von dir benutzt.
Du konntest meine Ablehnung nicht ertragen, weil ich dir somit die Kontrolle entzog. Aber du brauchtest die Kontrolle, damit du die Macht hattest. Ich sagte dir viele Male, dass ich keinen Sex mit dir möchte und aufgrund vorangegangener Ereignisse gewisse Ängste hege. Du hast mich ausgelacht und statt Verständnis bekam ich Sprüche zu hören wie »reiß dich mal zusammen!«, »dann musst du dich halt dazu zwingen« und »dann fick ich dich jetzt nur noch ohne Gummi«.
Ich teilte mein Innerstes mit dir – und wurde dafür verachtet. Gefühle waren dir nichts wert – es ging lediglich um die Macht und Kontrolle, die du zu deiner eigenen Sicherheit brauchtest. Wir waren alleine zuhause, als du näher kamst und mir zu verstehen gabst, dass du jetzt mit mir schlafen möchtest. Ich war noch nicht bereit dafür und alles in mir sträubte sich dagegen.
Du knietest vor mir und fingst an, mich anzufassen. Erst nur am Oberschenkel, dann weiter Richtung Genitalbereich. Ich nahm deine Hand und hielt sie fest, in der Hoffnung, du würdest aufhören – doch das tatest du nicht. Du spürtest meinen Widerstand und wurdest forscher, lehntest dich über mich, sodass dein Körper sich auf meinen drückte.
Ich spürte deinen erregten Penis an meinem Bein und wollte, dass das alles aufhört. Schatz, bitte hör auf, mir ist jetzt nicht danach. Doch du hörtest mir nicht zu. Warst zu sehr damit beschäftigt, bereits deinen Gürtel und den Bund deiner Hose zu öffnen. Du lehntest dich mit noch mehr Gewicht auf mich und wolltest mich küssen, doch ich drehte mein Gesicht weg und versuchte, dich von mir runter zu schieben. Hör auf, ich möchte nicht.
Stell dich nicht so an, das wird Spaß machen – war deine Antwort. Doch ich hatte absolut keinen Spaß. Ich wollte, dass das augenblicklich aufhört – aber das war dir egal. Denn ich war dir egal. Ich wurde panisch, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, oder was hier überhaupt gerade geschah. Meine Hilflosigkeit geilte dich nur noch mehr auf und ein breites Grinsen verzerrte dein Gesicht als dir bewusst wurde, welche Macht du gerade über mich hattest.
Du zogst deine Hose runter, packtest meine Beine und mit einem Ruck lag ich direkt vor dir. Ich krallte mich am Sofa fest, doch du warst stärker. Als du begannst, dich an meiner Hose zu schaffen zu machen, hielt ich deine Hände fest und bat dich, aufzuhören. Dein Grinsen wurde nur noch breiter. Für dich war das alles nur ein Spiel. Dir gefiel es, dass ich um Erbarmen flehte. Darum, dass du aufhörst. Aber dein Ziel war noch nicht erfüllt, warum solltest du also aufhören?
Du rissest dich aus meinem Griff, zogst an meinen Klamotten. Ich presste meine Beine zusammen, doch auch diese hast du dir gewaltsam wieder geöffnet. Ich hielt dagegen so fest ich konnte, bis ich mit einem Knacken meiner Gelenke kurz zusammenzuckte und du mich mit aller Kraft auf den Bauch drehtest. Mit einer geübten Bewegung hattest du mir die Hose entfernt und drücktest mich ins Sofa. Du lehntest dich vor, dein Gewicht schien mich zu zerdrücken, und schnauftest mir ins Ohr. Das wird dir gefallen, flüstertest du.
Ich bekam kaum Luft und wusste, dass mir das ganz und gar nicht gefallen würde, doch ich brachte keinen Ton mehr heraus. Ich wollte schreien, doch meine Lippen blieben stumm. Ich hatte mehrmals darum gebeten, dass du aufhörst und dir mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass ich das nicht wollte – aber du bekamst immer das, was du wolltest. Um jeden Preis – wenn es sein musste auch mit Gewalt.
Ich spürte deinen harten Penis an meinen Pobacken, als du versuchtest, anal in mich einzudringen. Ich hatte dir bereits vorher im Vertrauen erzählt, dass ich keinen Analsex möchte und Angst davor habe, weil ich noch nie zuvor welchen hatte. Tränen stiegen mir in die Augen, aber das bekamst du natürlich nicht mit – vielleicht schon, es war dir aber schlichtweg egal. Einen deiner Ellenbogen drücktest du mir gemeinsam mit deinem Gewicht ins Kreuz, um mich bewegungsunfähig zu machen, während du mit der anderen Hand nach meinem Loch tastetest und deinen Penis gewaltsam hineinschobst. Dass ich ungeheure Schmerzen hatte, es wie Feuer brannte und du gegen meine Einwilligung in mich eingedrungen bist, war dir komplett gleichgültig.
Ich hörte dein Stöhnen und bei jedem Stoß zuckte ich zusammen. Was dich bei jedem Stoß mehr erregte, ließ mich bei jedem Stoß ein kleines bisschen mehr sterben. Ich lag da, konnte mich nicht wehren, war komplett hilflos. Wie in Trance versetzt war ich lediglich Beobachter dieser Szene, nicht mehr Herr meines eigenen Körpers. Egal was ich tat, es war zwecklos – denn die Kontrolle hattest du mir genommen.
Dein Stöhnen wurde lauter, du kamst dem Höhepunkt immer näher. Doch das sollte nicht genug sein. Kurz vor dem Orgasmus zogst du deinen Penis aus meinem Anus, schnauftest und stöhntest und packtest mich dann grob am Arm. Zu fest, es tat weh. Was in diesem Moment am meisten wehtat, kann ich nicht mal sagen. Mein Anus brannte, ich hatte Schmerzen und es fühlte sich alles ausgeleiert an. Ich fühlte mich schmutzig und benutzt. Doch ehe ich mich versah, drehtest du mich wieder auf den Rücken. Abermals presste ich mit letzter Kraft meine Schenkel zusammen, stieß ein bitte hervor.
Du sahst mir in die Augen und hast deine Autorität in vollen Zügen genossen, während du meine Knie auseinander zogst und dich zwischen meine Schenkel drücktest. Wieder lastete dein ganzes Gewicht auf mir und ich bekam kaum noch Luft. Dein Gesicht kam näher, Schweißperlen standen dir auf der Stirn. »Weißt du was? Ich fick dich jetzt ohne Gummi« verkündetest du mir ganz stolz, als wäre das eine großartige Leistung. Ich versuchte dich wegzudrücken, doch ich war dir erlegen. Hör auf, ich will das nicht – stopp, nein! Du hast deinen Penis in meine Vagina gepresst und bewegtest dich vor und zurück, rein und raus. Wie leblos lag ich unter dir und wurde von deinen Stößen auf und ab bewegt, als sei ich lediglich ein Sexobjekt, über das man mal drüber rutscht, wenn es einem gerade passt.
Du merktest, dass ich nicht erregt war, aber das hinderte dich keineswegs daran, weiterzumachen. Du wolltest mir einen Kuss geben – wahrscheinlich viel mehr um dein eigenes Gewissen zu beruhigen – aber ich drehte meinen Kopf nur zur Seite. Du stießt immer wieder zu, Schweiß tropfte mir ins Gesicht und auf’s Oberteil. Dir gefiel es, was du tatst – ohne Rücksicht auf Verluste. Du standest dir selbst am nächsten und allein dein Wohlbefinden war von Bedeutung. Ob andere verletzt wurden war dir gleichgültig, alles nur Mittel zum Zweck.
Die Zeit schien still zu stehen, während du deinen Penis immer wieder in mir auf und ab gleiten ließest und auf einen tiefen Stoß der nächste folgte. Bis du dann in mich abgespritzt hattest und dieser Albtraum endlich ein Ende fand. Als sich dein Gewicht von mir löste, bekam ich endlich wieder Luft – aber atmen konnte ich dennoch nicht richtig. Du zogst deine Hose hoch, warfst meine lieblos neben mich auf die Couch, verschwandest erst im Bad um dich frisch zu machen und danach in der Küche, um eine zu rauchen. All das mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Wangen.
Ich wurde liegen gelassen und auch nicht weiter beachtet – wie eine Sexpuppe, die man ja später mal wegräumen kann, nachdem man sie vielleicht nochmal benutzt hat. Ich lag da, starrte an die Decke und war nicht in der Lage, mich zu bewegen. Es fühlte sich alles so surreal an. Ich wollte schreien, ich wollte weinen, ich wollte um mich schlagen, wegrennen und mich tagelang unter die Dusche stellen, um dieses abscheuliche Schmutzgefühl wieder loszuwerden. Ich wollte alles gleichzeitig, doch stattdessen lag ich einfach nur da – wie gelähmt – und spürte, wie sein Sperma langsam an meiner Pobacke hinunter floss.
Mich überkam Ekel. Wut. Abscheu. Hass. Traurigkeit. Schmerz. Elend. Und noch so vieles mehr. Ich wollte mich übergeben, aber nichts davon war möglich. Ich lag nur da und versuchte irgendwie zu realisieren, was da gerade passiert war. Die Trance hielt noch einige Zeit an, in der ich nichts weiter tat, als zu funktionieren. Ich wurde meiner Freiheit beraubt, mir wurde auf mehrere Arten Schmerz zugefügt, ich wurde sowohl sexuell als auch emotional missbraucht und auf verschiedene Weise gebrochen. Mein Wille wurde gebrochen, mein selbst wurde gebrochen. Ich hatte keine Entscheidungsfreiheit über meinen eigenen Körper mehr.
Das alles zu verstehen, was da wirklich passiert ist, hat Monate gedauert. Ich habe es aus Selbstschutz verdrängt und mir gewünscht, dass das alles nicht passiert wäre. Dass es ungeschehen gemacht werden kann, wenn ich es nur ausreichend leugne. Doch es zu leugnen hat es für mich nur noch schlimmer gemacht.
Ich hatte blaue Flecke an den Oberschenkeln und Armen, weil ich zu fest angepackt wurde.
Mein Anus brannte noch Tage später und ich hatte Unterleibschmerzen sowie Vaginalblutungen.
Noch Jahre später habe ich Flahsbacks, die mich in diese Situation zurückwerfen und mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen.
Noch Jahre später gibt es Momente, in denen ich sein Gewicht auf mir spüre und mir die Luft abgedrückt wird.
Noch Jahre später fühle ich mich benutzt, missbraucht und hintergangen – weil ich vergewaltigt wurde.
Es wird vielleicht noch Jahre dauern, bis ich vollends darüber hinwegkommen kann – vielleicht werde ich das auch nie ganz können, weil er mir ein Stück meines Lebens genommen hat, welches ich nicht zurückbekommen werde – aber seine Geschichte endet hier. Meine hingegen geht weiter, und indem ich wieder die Kontrolle übernehme, finde ich immer weiter zu mir zurück. Mit jedem Schritt, den ich näher auf mich selbst zugehe, entferne ich mich weiter von ihm, bis es irgendwann ein unbedeutender Teil meiner Geschichte sein wird. Irgendwann wird es dann nicht mehr seine, sondern nur noch meine Geschichte sein, in der ich allein bestimme, was wann und in welcher Form erzählt wird.
Weil ich dich gehen lasse. Du hast es zwar nicht verdient, dass ich dir verzeihe, aber ich habe es verdient, meinen Frieden zu finden – und deswegen vergebe ich uns beiden.