verfasst am 11.10.2020
Es gibt Menschen auf dieser Welt, mit denen hat das Leben es nicht besonders gut gemeint. Sie sind durch tiefe Täler gewandert, durch stickige Sümpfe gekrochen und kennen die Abgründe, die das Leben birgt, nur allzu gut.
Sie wurden ihr Leben lang als Außenseiter behandelt, mussten sich alles, was sie haben wollten, selbst erarbeiten und um vermeintlich selbstverständliche Dinge kämpfen. Ganz zu schweigen von den inneren Kämpfen, die ein jeder Tag ein, Tag aus zu bewältigen hat.
So etwas geht nicht spurlos an einem vorbei. Wir zerbrechen daran – und werden dadurch stärker. Wir setzen die ganzen Scherben wieder zusammen und machen weiter. Da ist niemand, der uns dabei hilft, oder uns applaudiert, wenn wir uns wieder zusammen geflickt haben. Wir schaffen das ganz allein.
Wer einmal gebrochen wurde, hat eine andere Sicht auf die Dinge, als die meisten anderen Menschen. Wir kennen die Tiefen des Lebens und wissen, wie mit Dunkelheit umzugehen ist. Wir werden von ihr angezogen, und ziehen sie auch selbst an.
Wir sind chaotisch, wir sind ehrlich, wir sind loyal. Wir wollen für andere ein Licht sein, auch wenn wir uns selbst dadurch verbrennen. Denn wir wissen, wie grausam das Leben sein kann und wie schwer es ist, sich jemandem zu öffnen – weil jeder, der versprochen hat zu bleiben, heute nicht mehr da ist.
Unsere Seelen sind fragil – wie dünnes Glas können wir zerbrechen, wenn man uns zu fest packt. Gleichend einer wunderschönen Vase, die mit sanften Fingern berührt werden muss, weil sie allein durch zu starke Berührungen Risse bekommen kann. Gefüllt mit den Erfahrungen und Fertigkeiten, die das Leben uns mit auf den Weg gegeben hat.
Wir haben uns alleine durch’s Leben gekämpft und unsere schlimmsten Stürme alleine überstanden. Wir wollen nicht, dass sich irgendjemand, den wir kennen, so fühlen muss, wie wir uns einst gefühlt haben.
Deswegen geben wir eine Liebe, die für manche nicht zu begreifen ist. Aufrichtig, bedingungslos, tief. Es gibt mehr als eine Form der Liebe und wir sind bereit, jede einzelne davon zu geben. Andere aufzufangen, wenn das Leben sie in die Knie zwingt. Zuzuhören, wenn es ganz still wird. Zwischen den Zeilen zu lesen, wenn jemand nicht die richtigen Worte finden kann.
Die Liebe solcher gebrochenen Seelen ist grenzenlos. Sie finden einander und fügen ihre gebrochenen Teile zusammen, bis ein Ganzes entsteht. Sie werden voneinander angezogen und spüren eine tiefe Verbundenheit.
Ihre Liebe ist leise. Sie halten sich im Hintergrund und sind bescheiden, obwohl sie wie Engel über ihre Liebsten wachen und die Drahtzieher sind. Sie prahlen nicht damit, was sie geleistet oder gegeben haben und erwarten keine Gegenleistung. Sie sind reine Wesen, die bereit sind, alles zu geben, nur damit es ihrem Gegenüber gut geht.
Doch nicht alle gebrochenen Seelen sind so. Es gibt auch jene, die von der Dunkelheit verzehrt wurden und nur Chaos und Verwüstung anrichten. Die erst glücklich sind, wenn sie anderen Leid zufügen konnten. Die zerstörerisch sind – sich selbst und anderen gegenüber. Vor diesen sollte man sich in Acht nehmen. Vorsichtig im Umgang mit diesen sein, um nicht selbst unnötig verletzt zu werden.
Doch auch diese Seelen werden voneinander angezogen. In der Anziehungskraft gibt es keinen Unterschied zwischen den gebrochenen Seelen. Sie alle haben Risse – das ist ihre Gemeinsamkeit. Und jeder entscheidet für sich selbst, ob er sich von der Dunkelheit vereinnahmen lässt, oder mit dieser umzugehen lernt.
Ich habe mich für letzteres entschieden. Es gibt schon genug Zerstörung auf der Welt – da muss meine Dunkelheit nicht auch noch dazu beitragen. Ich möchte helfen und anderen ein Licht sein, ihnen bei ihrem Weg aus der Dunkelheit helfen. Sie sollen sich an mir orientieren können, wenn sie von ihrem Weg abkommen und in mir ihren Halt finden, wenn sie im Dunkeln zu fallen beginnen.
Wir sind alle nur Menschen und können nur so viel geben, wie es uns möglich ist. Aber manchmal ist das schon genug. Manchmal muss man nur spüren, wie viel man jemandem bedeutet. Wir alle tragen eine Dunkelheit in uns, doch nur die Wenigsten wissen diese zu nutzen. Wir sind etwas besonderes, weil wir die Dunkelheit sind. Wir ziehen Kraft daraus und bauen unsere Liebe darauf auf.
Und wer die Dunkelheit liebt, kann durch diese nicht mehr erschüttert werden.